Politik Großbritanniens war die Balance of Power, d.h. Großbritannien kippte mit seinem Gewicht Konflikte zweier annähernd gleichstarker Kontrahenten in die von ihm gewünschte Richtung. Verluste der Hauptkontrahenten waren hoch, die eigenen niedrig, da der Einsatz niedrig war.
Diese Politik fand mit dem I. Weltkrieg sein Ende. Großbritannien hatte sich im Deutschen Reich einen Gegner ausgesucht, der sich gegenüber den Briten, Franzosen und Russen behaupten konnte. Wichtiger aber im Verlauf der Geschichte war für den Niedergang des brit. Einflusses in der Welt ein Bewunderer Großbritanniens Woodrow Wilson.
1907 stürzten die Kurse an der New Yorker Börse um 50% ab. Rockefeller und Morgan nutzten die Gelegenheit ihre Aktienpakete aufzustocken. Das war nicht alles. Die Empörung der Bevölkerung über das ungerechte Finanzsystem nutzten die Banker der überforderten Regierung mit Rat und Tat beizustehen. Auf Jekyll Island trafen sich Senator Nelson Aldrich (Fraktionsvorsitzender der Republikaner, Anteilseigner an der J. P. Morgan Bank und Schwiegervater des John D. Rockefeller jr.), Arthur Shelton und Braham Piatt Andrew (stellvertr. Finanzminister) mit Frank A. Vanderlip (Präsident der National City Bank), Henry Davison (Hauptteilhaber der J. P. Morgan Company) und Paul Moritz Warburg (Direktor der M. M. Warburg Investmentbank bei Kuhn, Loeb & Co.) [1].
Ergebnis der Gespräche war der Plan ein privates Zentralbankensystem zu gründen, das den Namen Bundesstaatliches Reservesystem (Federal Reserve System - FED) erhielt. Die Umsetzung des Plans erforderte Zeit und Winkelzüge, den Widerstand in Parlament und Bevölkerung zu übertölpeln. Zuletzt bedurfte es noch eines Präsidenten, der den Plan zur Gründung der FED Gesetzeskraft verlieh. Der texanische Millionär Edward Mandell House suchte und fand den passenden Kandidaten: Woodrow Wilson.
Dank der politischen Geschicklichkeit, wie auch des Einflusses von House und dank Wilsons Oportunismus beim Erringen von Wählerstimmen, wurde Woodrow Wilson 1912 zum Präsidenten der USA gewählt [2]. Am 23. Dez. 1913 unterschrieb er die Executive Order No. 10289 zur Gründung der FED [3].
Zwar gab es einen aufrichtig um Frieden bemühten Politiker in der Regierung Wilson, Secretary of State William Jennings Bryan, doch Bryan erhielt diesen Posten nicht um Politik zu machen, sondern um Wilsons Präsidentschaftskandidatur nicht im Wege zu stehen.
Die Entente Cordial - geeinte Herzen wichen dem Bauernspruch: Liebe vergeht, Land besteht. In diesem Fall verschuldete sich zunächst Frankreich, später auch England, bei den USA in einem Ausmaß, daß die USA keine andere Wahl ließ, im Zweifelsfall selbst für die Niederlage Deutschlands zu sorgen [4]. Morgan schreibt bereits am 4. Sept. 1914 an Wilson:
Militärinterventionen in Nikaragua, Puerto Rico, der Dominikanischen Republik und in Mexiko gingen dem Kriegeintritt der USA auf Seiten der Entente voraus [5].
Im Herbst 1915 traf sich House mit dem britischen Außenminister Grey [6]. Anschließend wurden wiederholt Forderungen an Deutschland gerichtet, um die deutsche Regierung zu verunsichern und um die US-amerikanische Öffentlichkeit auf einen Krieg gegen Deutschland einzustimmen. Doch so schnell ließ sich die gegen den Krieg eingestellte Mehrheit in den USA nicht kippen. Also ließ Wilson für sich 1916 mit dem Slogan "He kept us out of war" um eine Wiederwahl werben [7].
Neutral waren die USA nie gewesen. Während nach Kriegsbeginn die britischen Händler in den USA motiviert wurden, sich in Handelsvereinigungen zu organisieren, wurden Exporte nach Deutschland zunächst mit bürokratischen Hindernissen erschwert und kurz darauf ganz untersagt. Der Export von Weizen nach Deutschland wurde mit dem Export von Kanonen gleichgesetzt. Der große Demokrat Wilson kritisierte zu keiner Zeit die brit. Hungerblockaden gegen Deutschland und Griechenland. Griechenland nahm zwar zunächst nicht am Krieg teil, wurde aber von den Briten dank der Hungerblockade bekehrt [8].
Nun versenkte Deutschland Schiffe und die Briten auch, Menschen starben.
Am 12. August 1914 sagte Woodrow Wilson seinem Schwager Dr. Axen: "Ich fürchte, es wird sich irgend etwas auf See ereignen, das es uns unmöglich macht, dem Krieg fern zu bleiben [9]." Am 13. Mai 1915 versenkte SM U20 unter Kapitänleutnant Walther Schwieger den brit. Hilfskreuzer Lusitania. Es wurden einige Tonnen Sprengstoff und Waffen versenkt; Menschen kamen ums Leben, darunter auch Bürger der USA. House und Wilson propagieren den Kriegseintritt. William Jennings Bryan resigniert im Juni 1915 [10] [A]. Neuer Secretary of State wurde der sich offen für den Krieg aussprechende Robert Lansing [11].
Die Versenkung der Lusitania und ein, an den deutschen Botschafter in Mexiko, gerichtetes Telegramm (das sog. Zimmermann-Telegramm [B]), demnach, für den Fall des Kriegseintrittes der USA auf Seiten der Entente, der Versuch unternommen werden sollte, ein Bündnis mit Mexiko und Japan anzustreben [12], wurden propagandistisch ausgeschlachtet, um zwischen 1917 und 1918 mehr als 100 000 US-Amerikaner in den Tod zu schicken [13].
In drei Sätzen faßt Barbara Tuchman [14], Tochter eines New Yorker Bankiers, das Thema zusammen:
In der Entwicklung des Handelsvolumens zeigt sich, daß die USA bis 1917 nicht neutral waren und in der Vervielfachung des Handels mit den Staaten der Entente die amerikansiche Absicht.
Was die kriegführenden Verbündenten der neutralen USA bedurften liegt auf der Hand, wie auch die Selbstlosigkeit der USA ihnen zu helfen.
Großbritannien wird zur Milchkuh der US-amerikanischen Rüstungsindustrie.
»Die Regierung der USA verstand es im Ersten Weltkrieg, Wissenschaftler, Journalisten und Künstler in das Kriegsgeschehen fest einzubinden. Wie zuvor schon die Privatwirtschaft, so wurde nun auch das Management des Krieges methodisch-wissenschaftlich organisiert und systematisiert. Hier regiert nicht mehr länger ein US-Präsident durch Eingebungen und Launen. Die neuen Technokraten der Macht wollen ihre Arbeit auch nach dem Krieg weiterführen. Aus diesem Gedanken heraus entsteht 1921 der private Council on Foreign Relations [15].«
Im Zuge des I. Weltkrieges beerbt das Council on Foreign Relations das britische Empire. Der aufkommende Nationalismus in Europa wird zum Spielball und Ebenbild des CFR.
Anmerkungen:
[A] wikipedia:
"Als der US-Präsident in zwei Noten von Deutschland verlangte, die Versenkung der
RMS Lusitania als Verbrechen zu verurteilen, trat er als amerikanischer Außenminister
zurück, weil die Note Wilsons den Charakter eines Ultimatums hatte und die Vereinigten
Staaten in einen Krieg mit Deutschland verwickeln konnte. Nach Bryans Meinung hatte
Deutschland ein Recht zu verhindern, dass seinen Feinden Kriegsmaterial geliefert wird.
Wenn solche Schiffe Passagiere in der Hoffnung an Bord nähmen, nicht angegriffen zu
werden, so sei das kein legitimer Schutz vor einer Zerstörung [10]."
[B] wikipedia: "Wir beabsichtigen, am ersten Februar uneingeschränkten U-Boot-Krieg zu beginnen. Es wird versucht werden, Amerika trotzdem neutral zu halten. Für den Fall, daß dies nicht gelingen sollte, schlagen wir Mexiko auf folgender Grundlage Bündnis vor. Gemeinsame Kriegführung. Gemeinsamer Friedensschluß. Reichlich finanzielle Unterstützung und Einverständnis unsererseits, dass Mexiko in Texas, Neu Mexiko, Arizona früher verlorenes Gebiet zurückerobert. Regelung im einzelnen Euer Hochwohlgeborenen überlassen. Euer Hochwohlgeborenen wollen Vorstehendes Präsidenten streng geheim eröffnen, sobald Kriegsausbruch mit Vereinigten Staaten feststeht, und Anregung hinzufügen, Japan von sich aus zu sofortigem Beitritt einzuladen und gleichzeitig zwischen uns und Japan zu vermitteln. Bitte Präsidenten darauf hinweisen, daß rücksichtslose Anwendung unserer U-Boote jetzt Aussicht bietet, England in wenigen Monaten zum Frieden zu zwingen. Empfang bestätigen. Zimmermann [10]"
Quellen:
[ 1] Wolff, Ernst, Finanz-Tsunami, 2017, S. 38ff
[ 2] Powel, Jim, Wilson's War, New York 2005, S. 78
[ 3] Wolff, Ernst, a.a.O., S. 40
[ 4] Schreiben J. Morgans an Wilson vom 4.9.1918. Zitat aus Wolff, Ernst, a.a.O., S. 51,
nach Link, Arthur The pages of Woodrow Wilson, Bd. 30, Priceton 1979
[ 5] Powel, a.a.O. S. 80ff
[ 6] Powel, a.a.O., S. 91
[ 7] Powel, a.a.O., S. 92
[ 8] Powel, a.a.O., S. 88
[ 9] Tuchman, Barbara, August 1914, Frankfurt 2014, S. 356
[10] http://de.wikipedia.org/wiki/William_Jennings_Bryan 21.10.2009
[11] Powel a.a.O., S. 85
[12] http://de.wikipedia.org/wiki/Zimmermann-Depesche 21.10.2009
[13] Powel, a.a.O., S. 95f
[14] Tuchman, Barbara, a.a.O., S. 354
[15] Ploppa, Hermann, Der Klub der "Weisen Männer", Telepolis 19.08.2008